Hans-Gratzer-Stipendium
Das Hans-Gratzer-Stipendium ist ein etabliertes Format in der deutschsprachigen Theaterlandschaft. Das Förderprogramm für angehende Theaterautor:innen trägt nachhaltig zur Stärkung der zeitgenössischen Dramatik im deutschsprachigen Raum bei. Verankert ist das Hans-Gratzer-Stipendium am Schauspielhaus Wien, einem Theater für zeitgenössische Dramatik.
Als Labor für Gegenwartsautor:innen sieht es seinen Auftrag darin, neuen Texten und Erzählformen eine Bühne zu geben. Unter der neuen Intendanz bleibt das nach seinem Gründer und langjährigen Leiter benannte Hans-Gratzer-Stipendium profilbildend am Schauspielhaus. Mit neuen Kooperationen und ergänzenden Formaten wird das Programm als Plattform für Wissenstransfer ausgebaut. Ein Anliegen ist es, das Hans-Gratzer-Stipendium gezielt für breit gefächerte Perspektiven zu öffnen und die Diversität unter den Autor:innen, die Heterogenität der Schreibvorhaben zu befördern.
Folgende Stipendiat:innen werden 2023/24 ans Schauspielhaus eingeladen:
Yannic Han Biao Federer mit Asiawochen. Oder: Der Geist von Bandung
Yannic Han Biao Federer beschäftigt sich in Asiawochen. Oder: Der Geist von Bandung mit der Verfolgung der chinesischen Minderheit in Indonesien. Die Textprobe wandelt mit allen Mitteln der Dramatik souverän zwischen individuellem Leid und globalen Konflikten.
Yannic Han Biao Federer ist freier Autor aus Köln. Er wurde vielfach ausgezeichnet. Zuletzt erschien sein Roman Tao bei Suhrkamp, außerdem Radioessays und Rezensionen auf SWR2, WDR3 und im DLF. Sein Theaterstück Drive in wurde für den Retzhofer Dramapreis nominiert und von der Jury lobend erwähnt.
Noëlle Haeseling mit VON FISCHEN UND FRAUEN
VON FISCHEN UND FRAUEN von Noëlle Haeseling führt uns in eine Utopie, die humorvoll unsere patriarchal geprägten Wahrnehmungsmuster auf den Kopf stellt. Der Entwurf macht neugierig darauf, welche solidarischen Verbindungen möglich wären, wenn wir auf eine kapitalistische Wettbewerbslogik verzichteten.
Noëlle Haeseling studierte Schauspiel an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin und arbeitet als Schauspielerin, Sprecherin, Sängerin und Autorin in Berlin. 2022 schrieb sie im Team mit Leo Meier das Stück Ich, Akira, das am Saarländischen Staatstheater uraufgeführt wurde und im S. Fischer Verlag erschienen ist.
Jona Rausch mit Betonklotz 2000
Bei Betonklotz 2000 interessiert uns die Verbindung zwischen Klassismus und Architektur, Brutalismus und Brutalität. In einem bewusst brüchig gehaltenen Rhythmus bringt Jona Rausch Kollektiverfahrungen mit Einzelschicksalen zusammen.
Jona Rausch (*2002, Minden) studiert literarisches Schreiben in Leipzig. In ihren Werken setzt sie sich mit Extremsituationen, Armut und Familie auseinander.
Sophie Steinbeck mit Iss mein Kind
Iss mein Kind von Sophie Steinbeck überzeugt durch eine klare Struktur und ein mutiges Aneignen von weiblicher Gewalt. Die Monologe richten sich direkt an ein Publikum und konfrontieren es schon in der Skizze mit einer harten Sprache, zu der man sich verhalten muss.
Sophie Steinbeck studierte Sprachkunst in Wien und Dramaturgie in Leipzig. Sie arbeitet als Autorin, Dramaturgin und Journalistin. Sie ist Mitglied der Wiener Theater- und Performancekollektive saft und Rohe Eier 3000 sowie des Leipziger Best Day e.V. Ab der Saison 2024/25 ist sie Dramaturgin am Staatstheater Wiesbaden.
Guido Wertheimer mit Was ich über Geister gelernt habe
Guido Wertheimer skizziert mit Was ich über Geister gelernt habe poetische Bilder, die sich immer wieder ins Schmerzhafte verziehen. Auf einer Suche nach etwas, das unsichtbar bleibt, werden auch konkrete politische Forderungen sichtbar.
Guido Wertheimer, geboren 1996 in Buenos Aires, ist Autor und Regisseur. Seit 2020 studiert er Szenisches Schreiben an der UdK Berlin. Seine Arbeiten befassen sich u.a. mit Fragen der Erinnerung, der Identität, des Archivs und der Städte. Er schreibt Prosa, Lyrik und Drehbücher. Kollektive und transdisziplinäre Erfahrungen sind für sein Schaffen von zentraler Bedeutung.
Diesjährige Mentorin: Katja Brunner
Die mehrfach ausgezeichnete Schweizer Autorin Katja Brunner wird als Mentorin diese Ausgabe des Hans-Gratzer -Stipendiums begleiten. Gemeinsam mit Marie-Theres Auer, E.L.Karhu und Prodromos Tsinikoris war sie Teil des Auswahlkuratoriums für die diesjährigen Stipenidat:innen. Durch ihre Funktion als Universitätslektorin am Institut für Sprachkunst ist eine enge Vernetzung im Rahmen des Symposiums gewährleistet. Brunners literarische Praxis als Theaterautorin zeichnet sich durch einen avancierten und experimentellen Umgang mit Sprache aus. Sie verarbeitet herausfordernde gesellschaftliche Diskurse. Mit ihrem jüngsten Stück Die Kunst der Wunde war sie 2023 für den renommierten Mülheimer Dramatikpreis nominiert, den sie bereits 2013 für ihr Drama Von den Beinen zu kurz als damals jüngste Autorin in der Geschichte des Preises erhielt.
Workshops und Symposium
Zwischen Oktober 2023 und Januar 2024 erhalten die Stipendiat:innen in drei mehrtägigen Workshops unter professionellem Mentorat die Möglichkeit zu Austausch und Vernetzung mit dem Ziel, die eigenen künstlerischen Entwürfe weiterzuentwickeln. Die Workshops sollen zudem ein Forum bieten, um Konzepte und Bedingungen von Autor:innenschaft im Gegenwartstheater zu befragen. Für Anfang Dezember ist die Teilnahme der Stipendiat:innen bei einem Symposium zu Gegenwartsdramatik vorgesehen, welches das Schauspielhaus gemeinsam mit dem Institut für Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst veranstaltet. Am Ende der Workshopphase werden aus den Stückentwürfe der Stipendiat:innen kurze Hörstücke entwickelt und online sowie im Ö1 Kunstradio öffentlich präsentiert.
Werkstattlesung und Preise
Bei einer Werkstattlesung am 3. Februar 2024 im Schauspielhaus werden die Stückentwürfe ausführlicher der Öffentlichkeit vorgestellt. Einer der Entwürfe wird nach der Präsentation von einer Fachjury prämiert. Zudem wird ein Publikumspreis vergeben.
Die Preisjury setzt sich zusammen aus Rita Czapka (Dramaturgin Burgtheater Wien), Ruth Feindel (Lektorin Suhrkamp Theaterverlag Berlin), Steffen Jäger (Regisseur sowie Schauspielprofessor am Max-Reinhardt-Seminar Wien) und Sophia Löffler (Schauspielerin, Ensemble Schauspielhaus Wien).
Der:die von der Jury ausgewählte Autor:in erhält einen finanzierten Werkauftrag in Höhe von 8.000 Euro zur Ausarbeitung des Entwurfs. Das finale Stück wird im Januar 2025 am Schauspielhaus zur Uraufführung gebracht. Das mit dem Publikumspreis ausgezeichnete Stück wird in Form einer szenischen Lesung erarbeitet.
In Kooperation mit Ö1, dem Institut für Sprachkunst der Universität für angewandte Kunst Wien und den WIENER WORTSTAETTEN. Das Preisgeld wird gestiftet von der Literar Mechana.
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